Mono- und Diglyceride aus Speisefettsäuren (E 470 bis E 479)
Die wohl mit Abstand am häufigsten gestellte Frage an Halal-Zertifizierer durch den Endverbraucher ist die Frage nach den Mono- und Diglyceriden aus Speisefettsäuren. Grund für die Häufigkeit der Frage ist zum einen die Häufigkeit des Auftretens, der schwer verständliche Herstellungsprozess sowie die Verwirrung, die durch unterschiedliche Haram-Listen unter Muslimen existiert.
In alten Haram-Listen (Verbots-Listen) unter Muslimen werden sehr oft die E-Nummern E 470 bis E 473 aufgelistet sowie weitere bis 479. Es handelt sich dabei um diverse Einzelstoffe wie z.B. Magnesiumsalze, Essigsäureester, Milchsäureester, Zitronensäureester, Weinsäureester oder Zuckerester aus Mono- und Diglyceriden von Speisefettsäuren. Tatsächlich wurden früher in der Lebensmittelindustrie solche Glyceride direkt aus tierischem Fett von Schlachtabfällen gewonnen. Viele Haram-Listen werde ohne weitere Forschung von Generation zu Generation kopiert und so kursieren heute noch derartige Listen, obwohl sich die technische Entwicklung wie auch die Marktsituation geändert hat.
Die Ausgangsprodukte zur Herstellung von Mono- und Diglyceriden aus Speisefettsäuren sind Glycerin und natürliche Fettsäuren. Früher wurde Glycerin meistens aus Schlacht-Nebenprodukten erzeugt, denn diese waren günstig und überall verfügbar. Das ist heute nicht mehr der Fall. Auch die verwendeten Fettsäuren können pflanzlicher, wie auch tierischer Herkunft sein.
Heutzutage werden die allermeisten Mono- und Diglyceride allein schon aus Kosten- und Reinheitsgründen aus pflanzlichen Fetten gewonnen; zumeist Soja (am häufigsten), Palmöl und Sonnenblumenöl. Die Herstellung von Mono- und Diglyceriden aus tierischem Fett ist inzwischen deutlich teurer als die Herstellung auf pflanzlicher Basis, so dass davon ausgegangen werden kann, dass in der Regel pflanzliche Rohstoffe eingesetzt werden. Dennoch kommt es zu Verwirrungen, denn z.B. in Wikipedia steht: „Mono- und Diglyceride werden aus Fettsäuren und Glycerin hergestellt, die in der Regel pflanzlichen Ursprungs sind. Für Vegetarier und Veganer ist zu beachten, dass Speisefettsäuren sowie Glycerin auch tierischen Ursprungs sein können.“
Aber Mono- und Diglyceride aus “tierischem“ Ursprung müssen nicht haram sein, denn hier spielt ein unterschiedliche Begriffsdefinition zwischen der muslimischen Verwendung und der Verwendung im deutschen Sprachgebrauch eine missverständliche Rolle. Wenn Mono- und Diglyceride heutzutage aus “tierischen“ Fetten gewonnen werden, so sind damit Milch-fette gemeint. Die Milch aber ist aus muslimischer Sicht ein reines Produkt, das lediglich im Tier umgewandelt wird, ähnlich dem Honig.
Ethanol spielt bei der Herstellung von Mono- und Diglyceriden keine Rolle und kann daher vom Verbraucher unberücksichtigt bleiben. Der Zertifizierer prüft aber die mit den Anlagen in Kontakt kommenden Reinigungsmittel diesbezüglich.
Eine rein emotional schlimmste Quellen für Speisen stellen für Muslime Schweine dar, obwohl es keine unterschiedlichen „Unreinheitsstufen“ gibt. Das Schwein ist genau so unrein wie z.B. Ethanol aus Gärung. Mono- und Diglyceride kommen tatsächlich in geringen Mengen auch im Schweineschmalz vor. Eine Gewinnung aus Schweineschmalz macht definitiv keinen Sinn und wird auch nicht praktiziert. Manchmal aber wird Schweineschmalz direkt in Backwaren eingesetzt und ersetzen auch die Speisefettsäuren. Das muss ggf. aber als Zutat gesondert gekennzeichnet werden. Insofern bedarf es auch in diesem Fall keiner gesonderten Sorge.
Abkömmlinge dieser Zusatzstoffe sind die Mono- und Diglycerinsäureester, die die E-Nummern E 472 mit den Buchstabenzusätzen „a“ bis „f“ haben. Hier sind Mono- und Diglyceride mit Essigsäure (a), Weinsäure (b), Citronensäure (c), Mono- oder Diacetylweinsäure (d) oder einem Gemisch aus Essig- und Weinsäure (f) verestert.
Wenn der Muslim hier jetzt „Weinsäure“ liest, muss er auch nicht nervös werden, denn Weinsäure wird aus Weinstein gewonnen und Weinstein ist eine Mischung aus K-Hydrogentartrat (K-C4H5O6) und Ca-Tartrat (Ca-C4H4O6). Historisch entstandene Namen weisen nicht unbedingt auf die heutige Herstellung hin.
Fassen wir zusammen: Während die mit Abstand häufigsten Anfragen von Muslimen im Bereich der Halal-Ernährung diese E-Nummern betreffen, stellen sie für Halal-Zertifizierer – wenn überhaupt – nur noch ein eher geringes Problem dar. Für den Privatverbrauch europäischer Waren kann der Muslim durchaus davon ausgehen, dass die Speisefettsäuren halal sind, außer er hat Beweise für das Gegenteil. Für den Zertifizierer bedeutete es aber dennoch, dass er ggf. den pflanzlichen Nachweis explizit prüfen und dokumentieren muss. Unabhängig von alle dem gilt aber, dass eine halal-zertifizierte Ware vorzuziehen ist. Und das setzt sich auch auf dem deutschen Markt zunehmend durch – Gott sei Dank.
Heutzutage werden Mono- und Diglyceride aus Speisefettsäuren aus pflanzlichem Ursprung hergestellt. Bei manchen Angaben, dass sie "tierischen" Ursprungs sind, gibt es ein Kommunikationsproblem. Sie wurden z.B. aus Milch gewonnen, was im detuschen Sprachgebrach "tierischen" Ursprungs bedeutet. Aus muslimischer Sicht aber ist Milch nicht das, was der Muslim mit "tierischem Ursprung" verbindet.
Eine Antwort wie "alle" sind erlaubt ist niemals möglich, da eine bestimmte Sorte eines bestimmten Produktes derart bearbeitt sein könnte, dass es nicht mehr erlaubt [halal] ist. Aber Mono- und Digylceride aus Speisefettsäuren in Deutschland sind in der Regel halal und eine Privatperson muss im Zweifel hier keine Nachforschung durchführen. Das ist anders als z.B. Fleisch, wo der Zweifel es "haram" (verboten) macht.
Mono- und Diglyceride werden aus Fettsäuren und Glycerin hergestellt. In der Regel werden Mono- und Diglyceride aus pflanzlichen Fetten, insbesondere aus Sojaöl hergestellt, diese sind in der Herstellung deutlich günstiger als tierische Fette. Allerdings ist die Herstellung aus tierischen Produkten wie Schweineschmalz, Rinderfett oder Milchfett möglich – somit theoretisch auch aus Ei und Milch. Hersteller sind leider nicht verpflichtet, die Herkunft der Speisefettsäuren zu nennen. Daher sollte man empfehlenswert vorsorglich mit Bedacht handeln und Produkte kaufen.